Mobbing: Wo fängt es an, wie hört es auf?
Burghofbühne Dinslaken spielte im Forum des Berufskollegs das Jugendstück „Ich, Jonathan“ von Per Nilsson
Von Gabriele Fengels/Katja-Ann Gappa
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Der 15jährige Jonathan (Tom Gerngroß) wird zur Zielscheibe seiner Mitschüler, die keine Gelegenheit auslassen, ihn auszugrenzen und zu demütigen. Nur indem er sich in eine distanzierte Beobachterposition versetzt, kann er die verfahrene Situation scheinbar cool und lässig erdulden. Als dann aber seine Mitschülerin Milla (Patricia Foik) von den Klassenbullies Nurma und Willmer (Adrian Hildebrand) bedrängt und geschlagen wird, fasst Jonathan Mut zu handeln. Indem er Milla unterstützt, rettet er schließlich auch sich selbst. Am Ende ist „nicht alles gut, doch vielleicht kann alles gut werden.“
Rund 120 durchweg interessierte und aufmerksame Zuschauerinnen und Zuschauer aus Schüler- und Lehrerschaft bedachten das von Joachim von Burchard inszenierte turbulente Jugendstück mit großem Applaus. Nicht nur die Täter-Opfer-Problematik, auch weitere Themen aus der Lebenswelt Jugendlicher wurden angerissen: Liebe und Sexualität in seinen verschiedenen Nuancen, der Umgang mit Alkohol, körperliche Gewalt.
Dieses Theaterprojekt mit künstlerischer und theaterpädagogischer Begleitung durch die Burghofbühne Dinslaken konnte dank der Finanzierung durch den “Förderverein Berufskolleg Dinslaken e. V.” realisiert werden.
Mehr dazu hier: Partnerschaft mit der Burghofbühne Dinslaken verlängert
Regieassistentin Hanna-Matthea Schmale, die Schauspielerin Patricia Foik und die Schauspieler Tom Gernegroß und Adrian Hildebrand beantworteten nach Spielende Fragen zu Vorbereitung, zu Proben und Machart des Stückes, gaben dann aber schnell ihrerseits Anstöße zum Weiterdenken ins Publikum: “Was genau war eigentlich Jonathans Problem? Was hätte er tun können? Wer im Raum hat selbst schon einmal Erfahrung mit Mobbing gehabt? Wer hat Mobbing im Umfeld beobachtet?”
Mangelndes Selbstbewusstsein und Angst, aber auch ein Umfeld, das sich entfremdet, Freunde, die nicht genau hinschauen, Isolation – all das sind Faktoren, die ein Mobbing überhaupt erst ermöglichen. Einige der Anwesenden gaben zu erkennen, dass sie es durchaus selbst erfahren oder zumindest beobachtet haben. Nach offizieller Schätzung kann man davon ausgehen, dass etwa 12 % aller Schülerinnen und Schüler von Mobbing betroffen sind, berichtete Hanna-Matthea Schmale – ein Anteil, der erschreckend und besorgniserregend ist.
Jonathan hätte sich jemandem anvertrauen können, Hilfe suchen und annehmen sollen. Die Mutter, auch die Lehrerin wären Ansprechpartnerinnen gewesen. Einig waren sich die Wortmeldenden auch, dass ein frühes und deutliches Aufzeigen von Grenzen ihn geschützt hätte – aber wo fängt Mobbing an, vor allem auch wenn es noch dazu um sexuelle Übergriffe geht, die von den Beteiligten oft ganz unterschiedlich wahrgenommen werden. Wer entscheidet, was “noch ok” ist, wer bestimmt, was zu weit geht? Dass das (Ver-)Schweigen und Nicht-Nachfragen in jedem Fall der falsche Weg ist, da stimmten im Publikum alle zu. Auch, dass es immer mehrere Versionen eines Vorfalls gibt und letztendlich die eigene Perspektive, das eigene Gefühl des Mobbingopfers die Grenze definiert.
Gesellschaftlich definierte wie auch persönliche Grenzen zu respektieren und nicht zu überschreiten, mit dieser wichtigen Forderung klang der vom Förderverein der Schule gesponserte gelungene Theater-Vormittag am Berufskolleg aus.
Initiatorin Katja-Ann Gappa und Initiator Stefan Braemer-Jostes, die die Kooperation mit der Burghofbühne Dinslaken seit Jahren organisieren und moderieren, dankten den Künstlern und ihrem Team. Nun sind alle gespannt auf das nächste Gastspiel – spätestens im neuen Schuljahr.
FEN/GK, 2/24