Türkischer Besuch lobt gute Berufsvorbereitung und „Wohlfühldisziplin“
Internationale Begegnungen, der Austausch von Mensch zu Mensch, das miteinander Gestalten über Grenzen hinweg – das sind die wirksamsten Mittel, den beunruhigenden länderpolitischen Entwicklungen auf persönlicher Ebene entgegenzuwirken. In diesem Sinne begrüßten Schulleiter Florian Eckert und das Europa-Team des Berufskollegs Dinslaken am Freitag eine achtköpfige Delegation aus Lehrerinnen und Lehrern verschiedener beruflicher Schulen im Raum Istanbul.
„Hosgeldiniz“ – ein herzliches Willkommen von Florian Eckert, auf türkisch an die Gäste gerichtet, bildete den Auftakt eines für beide Seiten informativen und anregenden Nachmittags mit Filmen, Vorträgen, Gesprächen und einem ausgiebigen Rundgang durch die Schule.
Das Berufskolleg Dinslaken hat einen engen Bezug zur Türkei. Die Nähe zu industriell geprägten Stadttteilen wie Dinslaken-Lohberg und Duisburg-Marxloh sorgen für einen hohen Anteil türkischstämmiger Schülerinnen und Schüler. Auch dem Kollegium gehören zwei Lehrkräfte mit türkischem Hintergrund an. Da liegt es nahe, die vielfältigen internationalen Beziehungen der Schule nun auch um eine längerfristige deutsch-türkische Kooperation zu erweitern. Der erste Schritt ist getan und beide Partner können Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten einbringen.
So berichteten Susanne Schoel und Norbert Beck als Vertreter des Europa-Teams vom regelmäßigen Praktikantenaustausch mit Frankreich, Spanien, Holland und weiteren europäischen Ländern.
Auch die meisten der türkischen Lehrerinnen und Lehrer waren in der Vergangenheit bereits in vielfältige internationale Projekte eingebunden – allen voran Ibrahim Özdemir, Englischlehrer im Bereich Gesundheit, der im Rahmen der Förderprogramme Comenius und Erasmus nicht nur in Spanien und Italien, sondern auch schon in Island und Polen engagiert war.
Für Sibel Alp dagegen, die in Istanbul Grafikdesign unterrichtet, ist der dreiwöchige Aufenthalt in Deutschland die erste schulische Auslandsreise.
Alle Lehrerinnen und Lehrer sind in Begleitung von Schülergruppen unterwegs. Untergebracht ist die insgesamt rund fünfzigköpfige Reisegruppe im beschaulichen Dorsten. Gut betreut werden sie vom integrationserfahrenen hier ansässigen Tekin Dağdelen, der die Reise initiiert und organisiert hat und während der Ausflüge und Begegnungen nach Kräften übersetzt und vermittelt.
Beeindruckt zeigten sich die Gäste vor allem von der Qualität der Vorbereitung von deutschen Schülerinnen und Schülern auf den Einstieg ins Berufsleben und „das Leben“ im Allgemeinen. Da schneide die Türkei im Vergleich wesentlich schlechter ab. Hohe Leistungsanforderungen und frühe Selektion, auch der nicht unbeträchtliche finanzielle Aufwand für gute Bildung, führen dort zu immensem Druck, der sich oftmals negativ auf Lernfreude und „Lebenstauglichkeit“ auswirkt.
Ein großes Lob machte Saadet Başat, die in Istanbul Kinderpflege unterrichtet, den deutschen Menschen, die ihr auf der Reise bisher begegnet sind. Lächelnde Gesichter überall, die so gar nichts spüren lassen von der vermeintlichen „Kälte“ der Deutschen. Autofahrer nehmen Rücksicht, man achtet aufeinander. Und die sprichwörtliche Disziplin und Zuverlässigkeit sei für sie nichts Negatives, sondern eine regelrechte „Wohlfühldisziplin“, die ihr Sicherheit und Struktur gebe.
Gute Voraussetzungen also für die angestrebte zukünftige Kooperation …
Fen, 2/23