Projekt mit Chesterfield College in Derbyshire:
Die berufliche Bildung in England ist sehr nah an der Praxis. An so genannten Vocational Colleges, die mit unseren Berufskollegs gleichzusetzen sind, wir der Kontakt zu Kunden und das Anwenden des Gelernten wird groß geschrieben. Ende Februar konnte ich einen Einblick in die Vielfalt erhalten. Mir fiel auf, dass die Schüler durch den sehr praxisbezogenen Unterricht viel Selbstvertrauen bekommen.
Eingebettet war mein Aufenthalt in ein EU-Projekt zum Thema Konfliktmanagement und Belastungssituationen von Lehrern, das vom Max-Weber-Berufskolleg in Düsseldorf betreut wurde. Der Titel des Projekts war „Durch Bewegung Lernen“. Ich war mit zwei Fragebögen ausgestattet und habe meine Unterrichtsbeobachtungen mit den englischen Kolleginnen und Kollegen zusammen besprochen und festgehalten.
Die Kurse, die zu vergleichbaren Schulabschlüssen mit unserer Fachhochschulreife oder dem Abitur führen, haben viel Kontakt zum „richtigen Leben“ außerhalb der Schule. Am Chesterfield College, einem expandierenden Berufskolleg mit insgesamt ca. 21.000 Schüler/innen, von denen 5.600 Vollzeitschülerinnen in 12 Abteilungen unterrichtet werden. Es liegt in der Nähe von Sheffield und Manchester. Es gibt ein Reisebüro, das für mich die Zugtickets zwischen dem Flughafen Birmingham und Chesterfieldgebucht hat. Außerdem gibt es am College zum Beispiel eine Autowerkstatt, die „richtige Kunden“ bedient, einen Friseursalon und ein Restaurant.
Im kaufmännischen Bereich wird besonderen Wert auf Kreativität gelegt. In einer Klasse vergleichbar mit der Höheren Handelsschule haben die Schülerinnen und Schüler zwei Modellunternehmen gegründet und sich in einem Projekt mit anderen Schulen der Region gemessen. Ihre Ergebnisse präsentierte Sie auf dem Markt in Chesterfield und hatten bei der Vorbereitung schon viel Spaß. Die Geschäftsführung und die Vermarktung der Produkte wurden von den Schülern genau in einem Business Plan dokumentiert.
Eine weitere Klasse, die mit unserer Gymnasialen Oberstufe zu vergleichen ist, entwickelte Geschäftsideen und stellte diese wie in der Fernsehserie „Die Höhle der Löwen“ dar. Kritische Juroren mussten von der Stichhaltigkeit der Geschäftsideen überzeugt werden. Ich durfte auch einmal kritisch sein und musste feststellen, dass die Schüler/innen sich sehr gut an den Markt vor Ort, an ihre Zielgruppen und die finanziellen Mittel angepasst haben. Erfolgsaussichten und Entwicklungsmöglichkeiten beurteilten sie fundiert, Chancen und Risiken hatten sie im Blick. Anregungen nahmen sie sehr reflektiert auf. Mit viel Einfühlungsvermögen und Sachverstand „auf Herz und Nieren“ geprüft, können die Schüler mit ihren Ideen die Geschäftswelt erobern.
Der Umgang der Kolleginnen und Kollegen am Chesterfield College ist sehr kooperativ. Auftretende Konflikte werden sachlich und mit dem Blick auf das Ziel gelöst. Das wird von den englischen Lehrerteams mit hohem Einsatz umgesetzt.
Von Norbert Beck